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Die Energiewende schnell umsetzen

Der Klimawandel hat gravierende Folgen. Der Hitzesommer des Jahres 2018 erinnert in aller Deutlichkeit daran, dass auch unser Leben direkt davon betroffen ist. Deutschland hat sich gemeinsam mit fast zweihundert Ländern im Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet, seinen Beitrag dafür zu leisten, dass die globale Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten deutlich unter zwei Grad bleibt. Konkret heißt das, dass Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55% gegenüber 1990 senken muss. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Umbau der Energiewirtschaft von zentraler Bedeutung. Der Energieverbrauch insgesamt und der Verbrauch fossiler Brennstoffe müssen deutlich reduziert werden. Die Nutzung erneuerbarer Energiequellen muss deutlich ausgebaut werden.

Der Erfolg oder Misserfolg des Klimaschutzes entscheidet sich dabei gerade auch in den großen Städten. Hier wird besonders viel Energie verbraucht. Besonders hier sind auch die negativen Auswirkungen der globalen Erwärmung zu spüren. Der Stuttgarter Gemeinderat hat folgerichtig kurz nach dem Inkrafttreten des Pariser Klimaschutzübereinkommens, im Januar 2016, ein „Konzept für die Urbanisierung der Energiewende in Stuttgart“ mit konkreten städtischen Zielen beschlossen. Bis 2030 soll der Endenergieverbrauch um 25% gegenüber 1990 reduziert werden. Vom Jahr 2016 aus (Endenergieverbrauch von rund 13.000 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr) bedeutet dies eine Reduktion um rund 3.000 GWh. Der Anteil erneuerbarer Energien soll dabei auf 35% dieses Endenergieverbrauchs gesteigert werden.

Diesem Konzept für die Energiewende in Stuttgart wird bald ein Masterplan „100% Klimaschutz“ folgen, der Maßnahmen zur Umsetzung enthalten wird. Bis zum Jahr 2050 sollen demnach die Stuttgarter Treibhausgasemissionen um 95% gegenüber dem Basisjahr 1990 sinken, der Endenergieverbrauch soll nur noch halb so groß sein wie in 1990. Die gesamte Energieversorgung soll bis dahin vollständig aus nicht-fossilen Energiequellen geleistet werden.

Anders als es diese ambitionierten Ziele vermuten lassen, ist Stuttgart jedoch weit davon entfernt eine Vorreiterinnenrolle bei der Energiewende zu spielen. Bei den Morgenstadt-Indikatoren des Fraunhofer-Instituts schneidet Stuttgart bei den erneuerbaren Energien und folgerichtig auch beim Ausstoß von Treibhausgasen besonders schlecht ab. Andere Großstädte sind hier deutlich weiter. In der „Solarbundesliga“, einer Initiative zur Erfassung der Leistung aller in der Bundesrepublik erbauten Solar- und Photovoltaikanlagen liegt Stuttgart mit 39 Watt Solarstrom pro Einwohner*in auf dem blamablen Platz 31 (zum Vergleich: Ulm 383 Watt, Reutlingen 206 Watt pro Einwohner*in). Im vergangenen Jahr gelang es den Stadtwerken nur auf zwei städtischen Dächern PV-Anlagen zu installieren. Geplant waren eigentlich vierzehn Dächer.

Es fehlt also nicht an ehrgeizigen Zielen oder ambitionierten Konzepten. Es fehlt an einer gut organisierten Umsetzung der Energiewende in Stuttgart. Dabei spielt das Landesunternehmen EnBW eine entscheidende Rolle bei der Verhinderung einer wirkungsvollen Energiewende in Stuttgart. Viele Jahre dauern nun die Rechtsstreitigkeiten zwischen der EnBW und den Stadtwerken Stuttgart um die Strom- & Gasnetze. Auch die Stadt liegt mit der EnBW im Dauerstreit, sei es beim Rückkauf des Wassernetzes, bei der Fernwärme oder auch bei der Entwicklung bald nicht mehr für die Energieversorgung benötigter großer Grundstücke in der Stadt. Aus unserer Sicht ist das ein kapitales Versagen grüner Politik in Stadt und Land.
Wenn die Energiewende in Stuttgart gelingen soll, müssen diese Blockadehaltungen aufgebrochen werden. Stadt und Land müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und endlich Hand in Hand, mit den Stuttgarter Stadtwerken und der Energie Baden-Württemberg, der Klimaerwärmung entgegentreten.

Unser Leitbild für die Zukunft der Energieversorgung in Stuttgart
Wir Sozialdemokrat*innen treten dafür ein, dass die Energieversorgung dezentral umgebaut wird, denn die Zukunft findet in den Stadtbezirken statt. In jedem Stadtbezirk soll ein Quartierskonzept entwickelt werden, beginnend mit den Bestandsgebieten. Wir setzen uns dafür ein, dass die Mieten auch nach energetischen Sanierungen bezahlbar bleiben.
Im Stadtbezirk wird die Versorgung mit Wärme und Energie alltäglich erfahrbar. Energie und Wärme werden direkt im Stadtbezirk erzeugt - von Bürger*innen, Hausbesitzer*innen, von Gewerbe und von großen öffentlichen Gebäuden als Ausgangspunkten für dezentrale Wärmenetze. Energiequellen sind insbesondere Solarthermie, Umweltwärme, Biomasse und Abwärme der Industrie.

Jede*r Bürger*in kann gleichzeitig Produzent*in und Konsument*in sein. Die Gebäude werden zunehmend zu Mikrokraftwerken. Sie verfügen über Photovoltaik oder Kraftwärme-Kopplung, oft mit einer größeren Kapazität, als sie selbst benötigen. Sie werden Energie- und Wärmelieferanten für benachbarte Gebäude. Abwärme aus Gewerbebetrieben und Abwasserkanälen kann sinnvoll über Nahwärmenetze genutzt werden, wie wir dies bereits im Neckarpark erleben. Ein leistungsfähiges Speichersystem wird über Kooperationsplattformen digital gesteuert und gewährt Versorgungssicherheit. Die digitale Steuerung der Energieversorgung verbindet sich künftig zunehmend mit den neuen Formen der Mobilität, indem Fahrzeuge nicht nur Energie verbrauchen, sondern auch speichern und erzeugen.

Die Kommunalpolitik muss Ziele setzen, planen und steuern
Die Energiepolitik der Zukunft wird nicht nur durch den Markt bestimmt. Sie bleibt auch künftig Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Elementare Voraussetzung für Kommunales Handeln ist dabei das Verfügungsrecht über die Infrastruktur der Energieversorgung unserer Stadt. Es war die SPD, die früh erkannt hat, dass der Verkauf der Stuttgarter Energie- und Wasserversorgung als wesentlicher Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ein politischer Fehler war, den es zu korrigieren gilt. Wir haben den Prozess der Übernahme der Wasser-versorgung, der Netze für Strom und Gas durch die Landeshauptstadt politisch initiiert und werden alles dafür tun, dass er erfolgreich beendet wird.

Wir entwickeln die Stadtwerke zum zentralen Energieversorger in Stuttgart weiter – ökologisch und sozial
Die Stadtwerke haben nach ihrer Gründung 2012 ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen. Ihre Aufgabe ist es, ökologisch hochwertige Energie am Markt zu platzieren. Die heutige Kund*innenzahl ist beachtlich, aber nicht ausreichend. Weitere Anstrengungen sind zwingend nötig. Mittelfristig müssen die Stadtwerke Grundversorger in Stuttgart sein und zum Motor der Energiewende werden. Neben Umweltaspekten müssen die Stadtwerke insbesondere auch soziale Ziele beachten. Der „Energiearmut“ einer immer größer werdenden Bevölkerungsgruppe muss wirksam entgegengearbeitet werden.

Wir bauen die Photovoltaik massiv aus
Wesentlichen Anteil an der Nutzung regenerativer Energien hat bundesweit die Photovoltaik. Stuttgart hat diesbezüglich großen Nachholbedarf. Dass die Stadtwerke bei der privaten Solarnutzung auf Stuttgarter Dächern einen hohen Marktanteil besitzen, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der „Kuchen“ insgesamt, noch viel zu klein ist. Wir setzen uns als SPD dafür ein, dass künftig das riesige Potenzial Stuttgarter Dachflächen offensiv genutzt wird. Die Stadt hat dabei eine Schlüsselrolle auszufüllen: die Nutzung der Dächer städtischer Gebäude für die Erzeugung von Solarstrom muss Vorbild sein, für die Nutzung von immer mehr privater Dachflächen. Bürokratische Hemmnisse, welche die Nutzung von städtischen Dachflächen behindern oder verzögern, wollen wir beseitigen.
Über neue Förderprogramme wollen wir die bestehenden Angebote der Stadtwerke für die Bürger*innen und Bauträger so attraktiv wie möglich gestalten (z.B. über attraktive Contracting-Angebote und Vorrang für Quartierslösungen).

Glasfaserausbau durch die Stadtwerke
Beim Breitbandausbau in Stuttgart sehen wir die Chance, den Betrieb von Infrastruktur und Dienstleistungen zu trennen und dadurch gerechtere Marktbedingungen zu schaffen. Hierfür sollte die Telekommunikationsinfrastruktur in die Hände der öffentlich-rechtlichen Hand gelegt werden – im Falle Stuttgarts in die Hände der Stadtwerke Stuttgart. Diese dürften selbst keine Telekommunikations- und Internetdienstleistungen anbieten.“

Die Netze für Strom und Gas werden vollständig auf die Stadtwerke übertragen.
Nach deren Aufbau und der Übertragung der Konzessionen für Strom und Gas und dem Aufbau der im städtischen Eigentum befindliche Netzgesellschaft (seit 1.1.2019: 75% Stadtwerke, 25% EnBW), sind die Voraussetzungen für eine innovative Energiepolitik in Stuttgart vorhanden.
Die Gerichtsprozesse zur Übertragung der Hochspannungsnetze für Strom und der Gas-Hochdrucknetze auf die Stadtwerke „bis zum Sankt Nimmerleinstag“ hemmen jede zukunftsfähige Entwicklung. Die unnötig hohen Netznutzungsentgelte schaden den Bürger*innen auch wirtschaftlich.

Die Netze für Fern- und Nahwärme sind auszubauen. Regenerative Energien und Abwärme müssen genutzt werden
Die Klimawende ist ganz wesentlich „Wärmewende“. Sie hat eine zentrale Bedeutung für die Erreichung der Klimaschutzziele. Im Konzept der Stadt „Urbanisierung der Energiewende“ wird diese Erkenntnis anerkannt. Unser Ziel ist der Ausbau der Fernwärmenetze, bei gleichzeitiger und stufenweiser Umstellung der Wärmequellen auf regenerative Energien. Künftige Wärmequellen sind Solarthermie, Geothermie, Abwärme der Industrie und des Gewerbes, Wärme aus Abwasser usw. Der Streit um das Eigentum an der Fernwärme darf die weitere Entwicklung der Wärmewende in Stuttgart nicht blockieren. Es ist deshalb sinnvoll, vertragliche Regelungen zu entwickeln, die es ermöglichen, dass städtische Ziele und Planungen umgesetzt werden können und nicht an Unternehmensentscheidungen nichtstädtischer Unternehmen scheitern.

In Stadtteilen in denen keine Fernwärmeversorgung möglich ist, wollen wir verstärkt Nahwärmenetze entwickeln. Hauptakteur dabei sind die Stadtwerke. Wir wollen, dass in den nächsten fünf Jahren durch die Stadt für jeden Stadtteil eine verbindliche Wärmeplanung entwickelt und nach wirksamer Bürger*innenbeteiligung möglichst in den Bebauungsplänen oder städtebaulichen Verträgen gesichert wird.

Bei Neubau oder Sanierung größerer städtischer Immobilien (z.B. Schulen) wollen wir jeweils prüfen, ob sie in Verbindung mit entsprechend dimensionierten Wärmegewinnungsanlagen (z.B. BHKW) als Ausgangspunkt für Nahwärmenetze zur Versorgung umliegender Quartiere dienen können. Die dazu notwendigen personellen und sachlichen Ressourcen zur Erreichung dieses ehrgeizigen Ziels werden wir bereitstellen.

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